Die Spielereihe Corpse Party existiert bereits seit 1996 in Japan. Richtig bekannt wurde es allerdings erst 2011, als zum ersten Mal der Titel „Corpse Party“, das eigentlich ein Remake des Ursprungstitel ist, im Westen erschien. Dieser Teil wurde sogar 2016 – bei uns lediglich digital – auf dem Nintendo 3DS veröffentlicht. Der zweite Teil der „Heavenly-Host-Saga“, Corpse Party: Book of Shadows, erblickte hierzulande 2013 das Licht der Welt, allerdings nur auf der PlayStation Portable sowie einige Jahre später auf dem PC. Jetzt erscheint der letzte Teil dieser Saga auch für Nintendo Switch, wohingegen dieser auf der PlayStation Vita bereits 2015 erschien. Corpse Party hat in Japan eine eingefleischte Fangemeinde, so gibt es unter anderem neben Spin-Offs auch Mangas, die teilweise auch bei uns zu erwerben sind, Realfilme sowie eine kurze Animeserie (Tortured Souls – sehr zu empfehlen).
Schools Out – die Geschichte der Reihe
Da es sich bei Corpse Party: Blood Drive um den eigentlichen dritten Teil der Heavenly-Host-Saga handelt, gebe ich einen kurzen Rückblick über die Geschehnisse der vorigen beiden Teile. Meine Zusammenfassung enthält minimale Spoiler.
Hier war die Welt noch in Ordnung. © Marvelous Inc.
Im ersten Teil, Corpse Party, vollführt eine kleine Gruppe von Schülern rund um Ayumi, zusammen mit einem Lehrer ein Ritual namens „Sachiko Ever After“, um die Freundschaft der Gruppe zu vertiefen sowie einer Schülerin, welche die Schule verlassen wird, einen schönen Abschied zu bereiten. Bei der Vollführung des Rituals fängt die Erde plötzlich an zu beben und die Gruppe wird in die Heavenly Host Elementary School gezogen, eine zerfallene Horror-Schule. Während sie teilweise durch verschiedene Dimensionen voneinander getrennt sind, entdecken sie dutzende Leichen anderer gefangener Schüler, die zum Teil auf brutale Art und Weise ums Leben kamen. Zu allem Überfluss werden sie auch noch von rachsüchtigen Geistern verfolgt, allen voran Sachiko, die versuchen, die frisch eingesperrten Schüler zu töten. Der zweite Teil der Heavenly Host-Saga, Corpse Party: Book of Shadows, spielt sowohl vor dem Erstling, währenddessen, nach, als auch in einem was-wäre-wenn Szenario. Im Epilog dieses Spiels finden Ayumi und Naomi das titelgebende Book of Shadows, mit dessen Hilfe Ayumi ihre getöteten Freunde des ersten Teils wiederzuerwecken hofft. Dies schlägt allerdings fehl und nur durch den Einsatz ihrer Schwester, der für sie tödlich endet, überlebt Ayumi diesen Horrortrip.
Corpse Party: Blood Drive startet zwei Monate später. Ayumi wurde in ein Krankenhaus eingeliefert, da sie schwere Wunden durch die Anwendung der schwarzen Magie davongetragen hat doch das Book of Shadows ist unauffindbar. Nachdem Ayumi aus dem Krankenhaus entlassen wurde, wird sie weiterhin von Schuldgefühlen geplagt. Zudem erfährt sie, dass die Heavenly-Host-Schule weiterhin existiert und es mit dem Book of Shadows bei richtiger Anwendung möglich ist, ihre Freunde wiederzubeleben. Weiterhin wird ihr mitgeteilt, dass dieses Buch sich derzeit in der Geister-Schule befindet, womit für sie klar wird, dass sie ein weiteres Mal dorthin zurückzukehren muss. Mithilfe von zwei Steinen gelangen sowohl sie, als auch weitere Schüler im Laufe der Handlung wieder dorthin, weshalb ein weiteres Mal schreckliche Dinge ihren Lauf nehmen, die nicht mehr nur die Welt der Gefangenen betreffen, sondern auch Auswirkungen auf die reale Welt haben...
Stellenweise ist das Spiel echt krank und definitiv nichts für jedermann. © Marvelous Inc.
Die Handlung ist unglaublich spannend und zieht den Spieler in ihren Bann, stets möchte man wissen, wie es mit den armen Seelen weiter geht. Zudem ist das der letzte Teil der Heavenly-Host-Reihe, wobei ich allerdings empfehle, zunächst die Vorgänger gespielt zu haben – mindestens jedoch den ersten Teil, da die Handlung ohne Vorkenntnisse nur sehr schwer nachzuvollziehen ist. Zu viele Ereignisse und Charaktere wurden bereits eingeführt, weswegen es Spieler, die nur den letzten Teil gespielt haben, schwer haben werden, komplett in die grandiose Handlung dieser Reihe eintauchen zu können. Die gesamte Geschichte von Corpse Party ist immens gut und mit Blood Drive wird diese meiner Meinung auch zu einem würdigen Ende der Saga geführt. Das Spiel hat eine recht lange Spielzeit, so könnt ihr ca. 15 Stunden für die Haupthandlung einplanen sowie ein paar weitere Stunden für die Bonuskapitel. Leider ist das Spiel komplett auf Englisch mit japanischen Synchronstimmen. Das Englisch ist teilweise auch recht anspruchsvoll, was dazu führte, dass ich öfter ein paar Wörter nachschlagen musste. Das tritt vor allem in Fällen auf, wenn Tode sehr detailliert beschrieben werden.
Die Geister, die ich rief.
Während “Book of Shadows” einen leicht anderen gameplaytechnischen Weg wagte als der Erstling und ein Mix aus Visual Novel sowie Point-and-Click war, geht Blood Drive wieder zurück zu den Wurzeln und vermischt leichtes Rollenspielgameplay mit Visual Novel-Passagen. Wenn ihr euch nicht gerade durch die Textboxen klickt, steuert ihr aus einer schrägen Vogelperspektive die bemitleidenswerten Schüler durch die dunklen Gemäuer der Heavenly-Host-Grundschule. Als Hilfe habt ihr eine Taschenlampe zur Verfügung, die allerdings Batterien verbraucht, euch aber die Möglichkeit gibt, Fallen besser zu erkennen. In den Optionen kann die Abnutzung der Batterien jedoch abgestellt werden.
Irgendwie habe ich das Gefühl, beobachtet zu werden... © Marvelous Inc.
Immer mal wieder tauchen böse Geister auf, die die Schüler jagen und versuchen zu töten. Meistens bleibt in einem solchen Fall nur die Option zur Flucht. Ihr könnt zwar sprinten, allerdings nur für eine bestimmte Dauer, denn die Protagonisten benötigen danach eine kurze Verschnaufpause, was duchaus in einem Bildschirmtod enden kann. Neben der Flucht bieten auch Schränke einen guten Rückzugsort. Sollten die Geister allerdings bei dem kläglichen Versteckspiel in der Nähe sein, werden diese Euch aus eurem sicher gewähnten Platz herausziehen, was einige eurer Lebenspunkte geisterhaft schwinden lässt. Abhilfe bieten sowohl Bandagen zum Heilen, als auch Talismane, welche die bösen Geister dauerhaft verbannen und euch Zeit zum Atmen geben. Doch Vorsicht! Ihr habt nicht endlos viele davon! In manchen Fällen tauchen leider so viele Phantomwesen auf, dass euch nur noch eine dauerhafte Flucht übrigbleibt, was ziemlich nerven kann. Diese „Verfolgungsjagden“ können daher zur Tortur werden und schmälern auch den Spielspaß etwas. Zum Glück gibt es allerdings nur ganz wenige dieser Stellen im Spiel. Ebenfalls störend ist, dass es keine Karte gibt, somit kann es durchaus passieren, dass man sich in der Schule verirrt.
Wie bereits in den vorigen Ablegern, ist auch Blood Drive in mehrere Kapitel aufgeteilt. Hierbei sind ebenfalls wieder die „falschen“ Enden sowie „wahren“ Enden enthalten. Die meisten Kapitel besitzen mehrere Enden, wobei zum Weiterkommen jeweils das „wahre“ erreicht werden muss. Im Laufe des Spiels habt ihr immer mal wieder die Chance, Entscheidungen zu treffen. Aus einem Schrank schreit eine bekannte Stimme um Hilfe? Ihr habt die Wahl, untersucht ihr den Schrank, oder bleibt ihr besser fern? Je nachdem wie ihr euch entscheidet, könnte es zum falschen Schluss führen, wodurch ihr einen alten Speicherpunkt laden müsst. Speicherorte sind allerdings großzügig verteilt, weswegen eine falsche Entscheidung niemals viel Zeit kostet. Das „Sammeln“ der Enden, auch wenn es die falschen sind, hat mich dennoch immer wieder motiviert, Speicherpunkte erneut zu laden und auch andere Entscheidungen zu treffen. Im Laufe der Handlung werden Bonuskapitel freigeschaltet, die euch weitere Einblicke in die verschiedenen Charaktere geben und jeder Figur noch mehr Tiefe verleihen.
Das Haus der 1.000 Leichen
Die Atmosphäre ist die wohl größte Stärke des Spiels. Schulhäuser sind ja bereits allgemeinhin für viele Schüler ein Ort des Schreckens, doch die Heavenly-Host-Grundschule lässt einem erst recht die Haare zu Berge stehen. Zum ersten Mal dieser Reihe wurden 3D-gerenderte Umgebungen sowie Charaktere erstellt. Lasst euch aber nicht von den knuffigen Chibi-Figuren mit großen Köpfen in die Irre führen, denn Corpse Party ist ein knüppelhartes Splattergame, das nichts für zarte Gemüter ist.
Allein bei der Vorstellung an eine solche Todesursache dreht sich einem der Magen um. © Marvelous Inc.
Bei der Erkundung der Schule lassen sich überall Leichen und Skelette von Personen finden, die nicht aus diesem grausamen Ort des Wissens entkommen konnten. Zu jeder Leiche gibt es zudem ein Namensschild, das sowohl den Namen sowie weitere Infos des Toten verrät, als auch beschreibt, wie es zur Todesursache kam. Genau diese Beschreibungen lassen erahnen, wie brutal und schrecklich die Gefundenen umgekommen sind. Allgemein spielt Corpse Party sehr mit der Fantasie des Spielers. Zwar gibt es einige Artworks, die bereits grausame Szenen andeuten, jedoch sind diese zumeist nur die Spitze des Eisbergs. Erst in der Gedankenwelt formen sich anhand des gelesenen Textes, die sehr detailliert beschrieben sind, wie unfassbar grausam das Sterben der Opfer tatsächlich gewesen sein musste. Die Atmosphäre ist absolut hohes Niveau und ich rate euch, das Spiel mit Kopfhörern zu spielen, genau dann wird diese nämlich erst richtig Weltklasse. Solltet ihr den Mut haben im Dunkeln zu zocken, verstärkt es alles nochmals um ein Vielfaches.
Das Besondere an den Corpse Party-Games ist, dass diese einen dreidimensionalen Sound unterstützen, der unter Nutzung von Kopfhörern perfekt zur Geltung kommt. Dabei wird der Sound tatsächlich so gehört, wie es die Charaktere wahrnehmen. Hinter der Figur auf der rechten Seite flüstert plötzlich eine schaurige Geisterstimme? Dann hört ihr selbst auch die Stimmen so, als wären sie genau an dieser Position, die dann plötzlich aber nach links wandert, wodurch der Sound auch nur noch aus dem linken Hörer kommt. Das funktioniert so unfassbar gut, dass es euch in diesen Situationen das Blut in den Adern gefrieren lässt und ich oftmals eine Gänsehaut beim Durchschreiten der Schule hatte. Die japanischen Synchronsprecher machen hierbei auch einen gewohnt exzellenten Job, die schaurigen Stimmen perfekt wiederzugeben. Auch abseits der Geräuschkulisse sorgt die ebenfalls sehr gelungene Musik stets für Anspannung. Das Spiel ist jedoch sehr dunkel, was sich vor allem im Handheldmodus bemerkbar macht, sofern im Zimmer zu helle Lichtverhältnisse herrschen. Als Bonus werden verschiedene Inhalte geboten. Neben einer Art Enzyklopädie mit Beschreibung der Ortschaften und Charaktere gibt es auch Einträge aller gefundenen Leichen bzw. Namensschilder. Mit der Musikbox könnt ihr die bisher freigespielten Lieder nochmals anhören. Außerdem gibt es noch eine Art Baukasten, mit dem ihr freigeschaltete Dialoge zu einer eigenen Story zusammenfügen könnt. Zu guter Letzt findet ihr gesprochene Nachrichten der Synchronsprecher der Figuren, die ganz nett anzuhören sind.